Der Geistertanz – Erinnerung an Wounded Knee

Der Geistertanz – Erinnerung an Wounded Knee

Im späten 19. Jahrhundert durchlebte die indigene Bevölkerung Nordamerikas, denen die Ausübung der eigenen Religion und Sprache verboten war, eine schwere Existenzkrise. Die fast vollständige Ausrottung des Bisons, die Verkleinerung der Reservate durch die Ausbreitung euroamerikanischer Siedler, die Abhängigkeit von Lebensmittelzuweisungen durch den US-amerikanischen Staat sowie auch Epidemien verursachten Hungersnöte und forderten zahlreiche Tote. Als zu dieser Zeit der Paiute-Prophet Wovoka (um 1856–1932) eine weitgehend friedliche, politische und religiöse Bewegung ins Leben rief, breitete sie sich in den Reservaten rasch aus. Diese sogenannte Geistertanzbewegung versprach den Beginn einer neuen Ära und die Wiederherstellung der alten Lebensweise mit der Rückkehr der Bisons in Frieden und Freiheit. Ein tranceähnlicher Tanz um einen heiligen Baum oder Pfahl mit Gesängen sollte die Heilung der Zustände herbeiführen und die Verbindung mit der Geisterwelt herstellen. Die US-amerikanische Regierung versuchte diese Bewegung in den Lakota-Reservaten zu unterdrücken, da sie in ihr einen bevorstehenden Massenaufstand vermutete. Nach der Tötung des Anführers TȟatȟáŋkaÍyotake/Sitting Bull (um 1831–1890) verfolgte die US-Armee die flüchtenden Mitglieder der Bewegung bis nach Wounded Knee in die Pine Ridge Reservation in South Dakota, wo sie ca. 150 – 300 Männer, Frauen und Kinder am 29. Dezember 1890 massakrierte. Dieses Massaker beendete den Geistertanz bei den Lakota, der später auch in den anderen Reservaten verschwand. Bis heute findet alljährlich eine Gedenkveranstaltung mit einem Marsch nach Pine Ridge statt. 

Die Geistertanzgewänder, die von den Anhänger*innen der Bewegung getragen wurden und die die Lakota unverwundbar machen sollten, werden wegen der tragischen Umstände nur noch sehr selten gezeigt. Nur einige Indigene lassen die Darstellungen von Gewändern und ihren Motiven ganz bewusst in ihre Kunstwerke einfließen.

Geistertanzgewand
Hersteller*in nicht dokumentiert
Lakota oder Blackfoot, Plains, USA, Ende 19. Jh.
Baumwolle, Federn
Sammlung RJM 49690

Vermutlich ein Mitglied der Geistertanzbewegung bemalte das Baumwollgewand nach einer spirituellen Vision mit Himmelssymbolen, roten Punkten, Gras (?), Zweigen, Echsen und einem Vogel mit einer Schlange. Die Motive stehen zwar im Zusammenhang mit dem Beginn eines neuen Lebens und veranschaulichen die Träume und Ziele der Bewegung, haben aber auch eine persönliche Bedeutung.

Weiterführendes Material:

Zeitungsartikel:

→welt.de

→spiegel.de

 

Autorin: Dr. Stefanie Teufel, RJM

Category:
Prev project Next project