Grada Kilomba
Plantation Memories, 2018
Goodman Gallery
„Nicht, dass wir nicht gesprochen haben, aber unsere Stimmen sind durch den Rassismus systematisch verstummt. Diese Unmöglichkeit veranschaulicht, wie Sprechen und Verstummen sich wie ein analoges Projekt entwickeln. Der Akt des Sprechens ist wie eine Verhandlung zwischen denen, die sprechen, und denen, die ihnen zuhören; d.h. den sprechenden Subjekten und ihren Zuhörern. Zuhören ist in diesem Sinne ein Akt der Anerkennung gegenüber dem Sprecher. Man kann nur sprechen, wenn der eigenen Stimme zugehört wird. Diejenigen, denen zugehört wird, sind zugehörig, genau wie diejenigen, denen nicht zugehört wird, nicht dazugehören.”
Grada Kilomba
Im Raum ist es dunkel. Zu sehen sind einzig die vier Schauspieler*innen, die nebeneinander auf der Bühne sitzen und ein Buch in den Händen halten. Die szenische Lesung “Plantation Memories”, die Grada Kilomba 2015 für die Kamera inszenierte, konzentriert sich ganz auf die Stimmen der Vortragenden, den Text und den Akt des Vorlesens. Vorgetragen werden Auszüge aus dem gleichnamigen Buch der Autorin, Psychologin und Künstlerin Grada Kilomba, das 2008 erschien. Kilomba hat darin Episoden über alltäglichen Rassismus und Reflexionen über den Zusammenhang von Kolonialismus, Trauma und der Gewaltförmigkeit rassistischen Denkens psychoanalytisch aufgearbeitet.
In ihrer Abhandlung analysiert sie die kolonialen Logiken von Exotisierung, Othering und rassistischem Mobbing von Schwarzen Menschen und People of Color. Dabei dekonstruiert die Autorin die Funktionsweisen von weißer Dominanz, indem sie offenlegt, wem es überhaupt möglich ist, zu sprechen und zu schreiben und die Ausschlussmechanismen (akademischer) Wissensproduktion aufzeigt. Zugleich eröffnet sie Perspektiven auf Prozesse der Transformation und Heilung, in der die Subjektivierung durch das Sprechen, Schreiben und die Fürsorge in Gemeinschaften eine zentrale Rolle spielt.
Grada Kilomba (geboren 1968 in Lissabon, Portugal / lebt und arbeitet in Portugal und Deutschland) ist eine interdisziplinär arbeitende Künstlerin, Autorin und Theoretikerin, die sich in ihrer Arbeit mit den Themen Erinnerung, Trauma, Gender und Postkolonialismus beschäftigt und Konzepte wie Wissen, Macht und Gewalt hinterfragt. Sie übersetzt dabei Texte in Bilder, in Installationen oder in Bewegungen und bedient sich dabei auch Genres wie szenischen Lesungen, Videographien und Fotografien. Ihr geht es darum, weiße Narrative aufzubrechen und neue dekolonisierte Worte und Bilder zu finden. Ihre Werke wurden auf renommierten Ausstellungen gezeigt. 2012 war sie als Gast-Professorin für Gender Studies und Postcolonial Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig.
→gradakilomba.com
Foto: © Filipe Avila
Grada Kilomba
Plantation Memories, 2018
Goodman Gallery
Länge: 14:14 Min.
Drehbuch, Schnitt, Produktion, Sound Design: Grada Kilomba
Musik: Geisbaba
Besetzung: Martha Fessehatzion, Moses Leo, Michael Edode Ojake, Araba Walton, Sara-Hiruth Zewde