[resi]stance – Bahar Gökten und Daniela Rodriguez Romero
Bahar Gökten und Daniela Rodriguez Romero sind urbane Tanzkünstlerinnen. In ihren prozessorientierten Arbeiten widmen sie sich den Bewegungsprinzipien und der kulturellen Praxis urbaner Tanzstile wie Locking, Breaking oder Popping. Tanzstile innerstädtischen Ursprungs, kreiert von jungen Menschen, die sich durch die Erschließung eigener kreativer Ausdrucksformen, den repressiven Kulturentscheidungen ihrer Stadtpolitik widersetzten und eine Realität der Zugehörigkeit und Identität schufen. Der Ethos des Selbstmachens und des Selbstwerdens eröffnet Perspektiven und bestärkt die Akteur*innen immer wieder aufs Neue. Die über Generationen beständige Aushandlung der kulturellen Praxis führt zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der Tanzformen und bewegt heute eine weltweit solidarische Gemeinschaft. Aus dem Jugendhaus, über die Bühnen der Theater, hineingefunden ins Museum… und noch immer inspiriert von Betonwänden und Asphalt. In ihren Arbeiten schlagen Bahar Gökten und Daniela Rodriguez Romero Brücken. Dabei sind die Erforschung choreografischer Methoden, die Sammlung von kulturellem Wissen, sowie die Förderung von Nachwuchstänzer*innen elementarer Bestandteil ihrer Schaffensphilosophie.
Mit [resi]stance erschließen die beiden Tanzkünstlerinnen erstmalig einen bewegten Forschungsraum im Museum, in dem sie die Ausstellungsflächen zeitweise in experimentelle Bewegungslabore verwandeln und die Möglichkeit zum Ausprobieren, Beobachten und Entdecken von verkörperlichtem Widerstand bieten.
[resi]stance research
Zur Vorbereitung auf die Ausstellung RESIST! – Die Kunst des Widerstandes konzipierten und leiteten die Tanzkünstlerinnen Bahar Gökten und Daniela Rodriguez Romero ein erstes informell-formelles Schnittstellenformat: Eine interdisziplinäre Recherche auf den Spuren von antikolonialem und postkolonialem Widerstand, die die Synergie von urbaner Tanzkunst und ethnologischer Wissenschaft aufspürt. Vom 03.- 09. August 2020 schlüpften 27 junge Tänzer*innen aus der urbanen Tanzszene NRW in die Rolle der Bewegungsforscher*innen, um eine Woche mit den Sammlungsreferent*innen der Ausstellung RESIST! – die Kunst des Widerstandes und eingeladenen Gastreferent*innen zu interagieren. Letztere hielten Vorträge und schufen so einen Zugang zu ihren Ausstellungsobjekten und Themen. In sogenannten Bewegungslaboren reflektierten die urbanen Tänzer*innen die Gegenstände durch ihr körperlich-sinnliches Tun und brachten deren Wirkung intuitiv zum Ausdruck. In der lockeren Atmosphäre der Baustelle traten die unterschiedlichen Akteur*innen in Dialog auf Augenhöhe und die Methoden der szenischen Forschung konnten für die Zeit der Ausstellung erprobt werden. Das Ziel der Recherche war es, eine nachhaltige Inspirationsquelle für beide Parteien zu erschließen und erste Erkenntnisskizzen durch den Vertiefungsprozess der urbanen Tänzer*innen zu entwerfen.
Bahar Gökten ist Tänzerin und Choreografin. Ausgehend von ihrem Fundament in urbanen Tanzstilen erschließt und entwickelt sie Bewegung aus einer Vielzahl von Ansätzen. Ihre prozessorientierte Schaffensphilosophie ist geprägt von einer genreübergreifenden Neugier und der Kraft der Improvisation. Zusammen mit fünf weiteren Choreografinnen gründete sie 2012 das in NRW ansässige Koolektiv nutrospektif, mit welchem sie innovative Schnittstellenformate realisiert und kürzlich zu den Factory Artists des tanzhaus nrw ernannt wurde. Außerdem beweist sie ein starkes Engagement in der kulturellen Bildung in Form von Konzepten für und mit jungen Menschen.
Daniela Rodriguez Romero ist freischaffende Choreografin, Tanzvermittlerin und urbane Tänzerin. In ihrer künstlerischen Arbeit setzt sie sich mit urbaner Tanzkunst in anderen Kontexten auseinander. Ihre Prämisse ist dabei, nach künstlerischen Methoden zu forschen, mit welchen sich ein authentischer und individueller Ausdruck im Spektrum urbaner Bewegungsprinzipien finden lässt. In der Kooperation mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt erhält ihre prozessorientierte Arbeit 2020 einen weiteren Wirkungs- und Forschungsraum in Köln. Als Artist in Residence für die Sonderausstellung „RESIST! – Die Kunst des Widerstands“ wird sie zusammen mit der Tänzerin und Choreografin Bahar Gökten tätig sein, um ihre informelle Tanzforschung in Kollaboration mit einer Institution weiterzuführen und formell-informelle Synergien zu bündeln.